AY, SANTA MARIA!
UNCTI SIMUS CONCANENTES
Ars Choralis Coeln & Sanstierce 2019, Metz (France)
Die Mirakel der hl. Maria
Besungen und erzählt in iberischen Codices:
Cantigas de Santa Maria & Llibre vermell de Montserrat
Unter der Anleitung des kastilischen Königs Alonso X El Sabio (Der Weise) entstand im 13. Jahrhundert die größte Sammlung iberischer Dichtungen mit überlieferten Melodien: die Cantigas de Santa Maria. Es handelt sich dabei um das einzige Beispiel geistlicher Lyrik in galegoportugiesischer Sprache. Die 420 Lieder, von denen 356 narrativen Charakter haben, bilden eine der umfangreichsten Sammlungen von Marienmirakeln in einer Volkssprache überhaupt. Ohne Zweifel hat der König selbst auch einige der Lieder beigesteuert, man vermutet mindestens 17. Die Entstehung der Sammlung erstreckte sich über Jahrzehnte, wovon die drei überlieferten Handschriften Zeugnis ablegen. 89 Lieder der ersten Sammlung basieren entweder auf den französischen Miracles e Nostre Dame des Gautiers de Coinci oder auf anderen weitverbreiteten lateinischen Sammlungen. Mit dem Anwachsen der Sammlung tritt dieser Anteil von Erzählungen zurück und statt dessen findet man Marien-Wunder, die auf der iberischen Halbinsel lokalisiert sind.
Nach Zeugnis der Texte wurden die Melodien z.T. neu komponiert, ein größerer Anteil jedoch wurde von anderen Liedern übernommen (Kontrafakta). Vermutlich wirkten dabei Einflüsse aus dem arabischen und westlichen Kulturraum zusammen. Die meisten Cantigas beginnen mit einem Refrain, der nach jeder Strophe wiederholt wird. Diese Struktur findet man auch im arabischen Zéjel, einer narrativen Gedichtvariante der Muwaschaha - allerdings weist auch der französische Virelai das gleiche Grundmuster auf. Am Hofe des Alonso El Sabio erkannte man die Überlegenheit der arabischen Wissenschaften und Kultur gegenüber der europäischen, so dass Alonso und seine Mitarbeiter gar nicht anders konnten, als den islamischen Gelehrten und Künstlern zu folgen. So stellen Cantigas de Santa Maria auch ein klingendes Beispiel gemeinsamen Wirkens von arabischen und europäischen Musikern.
Ergänzt wird unser Programm durch einige Pilgerlieder aus dem Llibre Vermell de Montserrat. Das Benediktinerkloster Montserrat (bei Barcelona) ist bis heute ein wichtiger Wallfahrtsort der Marienverehrung. Das Llibre Vermell entstand im Verlauf des 14. Jahrhunderts. Die Lieder sind überwiegend mit lateinischen, teils auch mit katalanischen oder okzitanischen Texten versehen. Den Zweck der enthaltenen Liedersammlung bezeichnet der anonyme Schreiber wie folgt:
Da es vorkommt, dass die Pilger, die in der Kirche der heiligen Maria in Montserrat Nachtwache halten, singen und tanzen wollen, und dies auch tagsüber auf dem Kirchplatz, und sie dort nur sittliche und andächtige Lieder singen dürfen, sind einige hier niedergeschrieben. Diese sollten mit Rücksicht und Mäßigung verwendet werden, damit jene nicht gestört werden, die ihrem Gebet und geistlichen Kontemplationen nachgehen möchten …
Das Konzert gestalten die beiden Ensembles ARS CHORALIS COELN und SANSTIERCE gemeinsam, um die Einflüsse der arabischen Welt und das Zusammenwirken beider Kulturen auch für uns heute hörbar zu machen.
PROGRAMM
Esta é de loor de Santa María – Cantigas de Santa Maria
- CSM 160: Esta é de loor de Santa María: „Quen boa dona querrá“
- CSM 122: Como Santa María resucitou ũa infante, filla dun rei, e pois foi monja e mui santa mollér: „Miragres muitos pelos reïs faz“
- CSM 113: Como Santa María de Monsserraz guardou o mõesteiro que non feriss' a pena en ele que caeu da róca: „Por razôn tenno d’obedecer“
- Interludio Instrumentale
Stella spendens in monte – Llibre Vermell de Montserrat
- Caças de double vel tribus: „Laudemus virginem mater est“ – „Splendens ceptigera nostris“
- Sequitur alia cantilena ad trepudium rotundum: „Stella splendens in monte“
- Balladad dels goytxs de Nostre Dame en vulgar cathallan: „Los set goyts recomptarem“
- A ball redon: „Cuncti simus concanentes“
- A ball redon: „Polorum regina omnium nostra“
- Interludio Instrumentale
Santa Maria Strela do Dia – Cantigas de Santa Maria
- CSM 100: Esta é de loor de Santa María: „Santa Maria strela do dia“
- CSM 182: Como Santa Maria livrou u ladron da mão dos diaboos que o levavan: „Deus que mui ben barata“
- CSM 79: Como Santa Maria tornou a meninna que era garrida çorda e levo-asigo a parayso: „Ay, Santa Maria, quen se per v´s guía“
- CSM 82: Como Santa Maria guardou un monge dos diaboos que o quiseran tentar e se lle mostraron en figuras de porcos polo fazer perder: „A Santa Maria mui non servir faz“
- CSM 119: Como Santa María tolleu un joíz aos dïáboos que o levavan e tornó-o a sa casa e disse-lle que se mẽefestasse, ca outro día avía de morrer: „Como somos per conssello“
- CSM 161: Como un óme de Moriella, que ameúde ía a Santa María de Salas e tragía sa Magestade, viu vĩir nuveado e pos a Magestade na sa vinna; e non firiu i a pédra, e toda-las outras foron apedreados en derredor: „Poder á Santa María, a Sennor de pïadade“