CAMINOS

Iberische Pilgerwege von Santiago de Compostela nach Mekka
Im Christentum und im Islam ist das Pilgern von ganz essentieller Bedeutung. Auf einem Pilgerweg unterwegs zu sein, gehört zu den ältesten spirituellen Übungen der Menschheit. Auf dem Weg in die Fremde, zu einem Heiligtum oder zu anderen Orten besonderer Kraft, sucht der Pilger neue Glaubenserfahrungen, oftmals verbunden mit Heilsversprechen, mit der Erwartung von Wundern oder gar der Heilung - sowohl von ganz konkreten körperlichen Gebrechen, aber auch in seelischer, geistiger Hinsicht.
Das spanische Wort „camino“ heißt übersetzt „der Weg“. Mit „el Camino“ bezeichnet man in Spanien den bedeutendsten und bekanntesten Pilgerweg nicht nur der iberischen Halbinsel sondern des christlichen Abendlandes überhaupt: den sogenannten „Jakobsweg“ nach Santiago di Compostela. Dieser Ort liegt in Galizien, und viele Pilgerwege durch ganz Europa führten und führen bis heute dorthin, zum angeblichen Grab des Apostels Jakobus.
Mekka - die wichtigste Stadt für Muslime, Geburtsort des Propheten - liegt in Saudi Arabien am Berg Hira. Hier empfing Mohammed der Überlieferung nach den Koran. Darum richten Muslime in aller Welt ihre Gebete Richtung Mekka. Der Geburtsort des Propheten Mohammed ist die heiligste Stadt und der wichtigste Wallfahrtsort des Islam. Jährlich pilgern 2,5 Millionen Gläubige zur Haddsch (der Pilgerreise) nach Mekka zur Kaaba, einem Heiligtum, das nach islamischer Überlieferung von Adam, dem ersten Menschen, zu Gottes Ehren errichtet wurde. Jeder freie, volljährige, und gesunde Muslim, ob Mann oder Frau, der es sich leisten kann, ist verpflichtet, einmal im Leben nach Mekka zu pilgern.
Das galt auch für Al’Andaluz, der Zeit, in der die Mauren große Teile der iberischen Halbinsel bevölkerten. Pilgerten die Christen, zum Teil auch durch maurisch besetzte Gebiete, nach Santiago di Compostela oder zum Kloster Montserrat bei Barcelona, so wallfahrteten die in Andalusien ansässigen Muslime regelmäßig nach Mekka. Und das auch noch erstaunlicherweise zu einer Zeit, da angeblich keine Muslime mehr auf der iberischen Halbinsel anzutreffen waren. Doch Schriften aus dem 16. Jahrhundert mit muslimischen Pilgerliedern belegen das Gegenteil. Diese Lieder sind in Aljamiado notiert. Aljamiadotexte (spanisch textos aljamiados) sind zwar in arabischer Konsonantenschrift geschrieben, doch nicht in arabischer Sprache, sondern in Spanisch, Aragonesisch, Katalanisch oder Portugiesisch.
Auf diese iberisch-muslimischen Pilgerlieder der Sufitradition hat sich die marokkanische Sängerin Samira Kadiri spezialisiert. Die Texte stammen von großen andalusisch-maurischen Meister wie Ibn Arabi (Turjman al Achwak), Scheich Al Harrak, Scheich Afif Tlemsani, Mohammed Rabadan, Poy Monzon und anderen.
Caminos ist eine mystische Reise, die Musiker und Publikum gleichermaßen einlädt, die Tiefe und Größe sowohl muslimischer Sufi-Gesänge als auch der mystische Lieder christlichen Tradition zu erfahren.